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Weg von der Schulden-Droge! Nur durch Verlässlichkeit, Solidität und Haushaltsdisziplin lässt sich Vertrauen zurückgewinnen

Von IHK-Präsident Dr. Richard Weber
Kolumne

01.10.2011

Es ist eine traurige Tatsache: Immer mehr Menschen verlieren das Vertrauen in die Politik, in ihre Verlässlichkeit und ihre Handlungsfähigkeit. Die Schuldenkrise und deren politisches Management hat diesen Vertrauensverlust noch einmal dramatisch beschleunigt. Hintergrund ist nicht einmal vorrangig die (vermeintliche oder tatsächliche) Ohnmacht der nationalen Politik gegenüber den internationalen Märkten. Es ist vor allem die seit Jahren mangelnde Solidität und Nachhaltigkeit der Politik. Auf die Alternative „Wahlchancen gegen Zukunftschancen“ hat die Politik seit Jahrzehnten die immer gleiche Antwort gegeben – weltweit, nicht nur in Deutschland und Europa.

Die Party auf Pump geht nun zu Ende. Je schneller wir das realisieren, desto erträglicher wird der Kater ausfallen. Ohne Entzug wird es nicht gehen. Die Erkenntnis heißt: Wir sind auf Schuldendroge. Nicht nur die sogenannten „Schuldensünder“ wie Griechenland, Italien, Portugal, Spanien oder – erst recht – die USA. Auch in vielen anderen Industrieländern hat die Politik jahrelang und wiederholt selbst gesetzte oder gemeinsam vereinbarte Regeln verletzt: Haushaltsgrundsätze, Euro-Stabilitätskriterien, Vorgaben und Spielregeln für die Zentralbanken. Auch dies weist die klassischen Merkmale eines Suchtverhaltens auf.

Für Suchtkranke gelten vor allem drei Regeln. Erstens: Die eigene Sucht eingestehen. Zweitens: Sofort mit der Therapie beginnen. Drittens: Sich selbst die Hintertüren für einen Rückfall verbauen. Was folgt daraus für den Umgang mit der Schuldenkrise?
Die deutsche Politik sollte ihre Schuldenkrankheit offen eingestehen und dabei ihre Wähler (und Nichtwähler) überzeugen, dass es nur einen Weg der Heilung gibt: „Clean“ bleiben, keine neuen Schulden machen.
Wir sollten mit der Therapie bei uns selbst beginnen. Die vereinbarte Schuldenbremse ist grundsätzlich der richtige Weg. Wir dürfen sie keinesfalls in Frage stellen. Wir sollten sie im Gegenteil noch rigider ausgestalten, um uns dauerhaft Auswege und Hintertüren zu versperren.
Wir sollten sofort mit der Umsetzung beginnen. Die größten Schritte müssen am Anfang stehen und dürfen nicht in die Zukunft verschoben werden.
Wir sollten diese Therapie dringend auch anderen zur Nachahmung empfehlen. Das können wir glaubhaft nur tun, wenn wir bewiesen haben, dass wir es selbst ernst meinen und dass die Therapie wirksam ist. Schmerzhaft zwar, aber nicht letal.
Wir müssen konsequent bleiben – bei uns selbst und gegenüber anderen. Hilfe darf es nur für diejenigen geben, die sich ebenfalls konsequent der Therapie unterziehen und auch alle Regeln einhalten.
Der Euro ist nicht das Problem – er kann vielmehr Teil der Lösung sein. Jedenfalls dann, wenn wir zurückkehren zu den Vereinbarungen von Maastricht. Allerdings dürfen die vereinbarten Sanktionen für Regelverstöße nicht der freien Entscheidung der Euroländer unterliegen; es muss vielmehr eine Automatismus geben. Wer käme schon auf die Idee, Abhängige über die Fortsetzung ihrer Therapie selbst entscheiden zu lassen.

Es gibt deshalb auch keinen Grund, die gemeinsame Währung in Frage zu stellen. Der Euro ist mehr als ein Zahlungsmittel. Er ist zugleich Symbol der Einigung und der Integration einstmals verfeindeter Nationen in Europa. Er nützt allen Euro-Ländern – nicht zuletzt der exportorientierten deutschen Wirtschaft: Geringere Wechselkursrisiken und Transaktionskosten haben unser Wachstum und unseren Wohlstand kräftig befördert.

Es lohnt sich durchaus, dafür auch Opfer zu bringen und Solidarität zu üben. Allerdings nur, wenn alle Euro-Länder bereit sind, der Droge des Schuldenmachens abzuschwören.