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Und jährlich grüßt das Murmeltier

Im Blickpunkt
Von Heino Klingen

08.02.2017

Am 18. März ist wieder Equal Pay Day

Jahrein jahraus das gleiche Spiel: Mitte März erhitzten sich die – vornehmlich weiblichen –Gemüter über die zu geringe Bezahlung von Frauen. Den Anlass dazu bietet der Equal Pay Day. In diesem Jahr fällt dieser Tag auf den 18. März. Die Idee dahinter: Bis zu diesem Zeitpunkt müssten Frauen rechnerisch das Arbeitsjahr verlängern, um das durchschnittliche Jahresgehalt eines Mannes zu erhalten.

Das riecht verdächtig nach Geschlechterdiskriminierung und einem eklatanten Verstoß gegen die grundrechtlich geschützte Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Und in der Tat: Frauen verdienen im Schnitt deutlich weniger als Männer. Die durchschnittlichen Stundenentgelte klaffen um rund 21 Prozent auseinander. Das ist so. Der statistische Befund steht außer Zweifel.

Doch jede Statistik will gelesen sein, bevor man aus ihr voreilig Schlussfolgerungen zieht und Handlungsempfehlungen ableitet. Und dazu gehört der Verweis auf erklärende Faktoren. Etwa darauf, dass Frauen mehrheitlich Berufe und Branchen mit geringer Wertschöpfung wählen, längere Babypausen einlegen und danach oftmals lieber in Teilzeit arbeiten. Berücksichtigt man diese strukturellen Unterschiede zwischen Männern und Frauen, dann schrumpft der sogenannte „gender gap“ auf eine fast schon zu vernachlässigende Größe. Aktuelle Untersuchungen sehen ihn in einer Spanne von zwei bis sieben Prozent, je nachdem welche weiteren Faktoren noch einbezogen werden.

Demnach lässt sich kaum noch davon sprechen, dass die unterschiedliche Bezahlung der Geschlechter auf Diskriminierung beruht. Dafür ist die Lücke schlicht nicht groß genug. Und – Anmerkung am Rande – sie wäre noch kleiner, wenn in ihre Berechnung auch noch die unterschiedlichen Verhaltensweisen von Männern und Frauen in Gehaltsverhandlungen einbezogen würden. Im Klartext: Es gibt keinen Beleg dafür, dass Frauen bei gleicher Qualifikation und Berufserfahrung wie Männer finanziell benachteiligt werden.

Und dennoch hat die Bundesregierung Mitte Januar ein Gesetz auf den Weg gebracht, mit dem sie die „unmittelbare und mittelbare Entgeltdiskriminierung aufgrund des Geschlechts“ beseitigen will. Das ist schon starker Tobak: Die Politik unterstellt einen Tatbestand, dessen Existenz in unzähligen wissenschaftlichen Studien unterschiedlichster Provenienz widerlegt wurde. Über das dahinter stehende Wissenschaftsverständnis könnte man ja noch hinwegsehen – wenngleich auch dieses angesichts der Ignoranz der Bundesregierung gegenüber den letzten Gutachten des „Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ tief blicken lässt. Aber dass der Generalverdacht der Diskriminierung dazu missbraucht wird, Unternehmen mit noch mehr Bürokratie in Form von neuen Auskunfts- und Berichtspflichten zur Entlohnung ihrer Mitarbeiter zu überziehen, geht dann doch zu weit.

Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Bundesregierung anscheinend selbst nicht glaubt, mit diesem Gesetz überhaupt irgendetwas bewirken zu können. Denn wie sonst ist es zu verstehen, dass sie den erforderlichen Erfüllungsaufwand des Gesetzes mit drei Millionen Euro beziffert. Das ist erstaunlich wenig. Schließlich arbeiten in den betroffenen Unternehmen über sechs Millionen Frauen. Sollten sie nur den von der Bundesregierung unterstellten siebenprozentigen Diskriminierungsanteil einfordern, kämen schnell einige Milliarden Euro zusammen. Hierüber findet sich im Kabinettsbeschluss kein Wort. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Mädchen an die Werkbank

Ritualisiert, wie er ist, dürfte uns der Equal Pay Day noch lange erhalten bleiben. Jedenfalls solange, bis die Initiatorinnen und Aktivistinnen dieses Tages ideologisch abrüsten. Ihnen sei deshalb der Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ zum Wiederanschauen empfohlen. So wie Bill Murray darin schließlich zur Selbstläuterung fand, könnten auch sie den jährlichen Equal Pay Day zur kritischen Selbstreflexion nutzen. Ein erster Schritt in diese Richtung wäre die Vorverlegung dieses Tages auf Mitte Januar. Damit würde man wenigstens anerkennen, dass der ganz überwiegende Teil des „gender gap“ nicht auf Diskriminierung beruht. Über den Rest kann man dann ja immer noch streiten.

Unstrittig dagegen sollte sein, dass, wer wirklich den geschlechtsspezifischen Verdienstunterschied verringern will, seine Ursachen beseitigen muss. Dazu sind in erster Linie die jungen Frauen selbst gefordert. Ihnen kann man nur raten, sich mehr für technisch-gewerbliche Berufe zu interessieren. Das Saarland tut einiges dafür: Der „Girls Day“ bringt Mädchen technische Berufe näher. Das „Uni Camp“ bietet Schülerinnen der Klassenstufen acht und neun MINT-Workshops. Für Schülerinnen der Klassenstufen neun bis elf gibt es das Mentoring-Programm MentoMINT zur Heranführung an naturwissenschaftlich-technische Studiengänge. Das „Roberta Regio Zentrum“ an der htw leitet Mädchen im Programmieren und Bauen von Robotern an. All das stimmt zuversichtlich, dass der noch unterdurchschnittliche Frauenanteil im Saarland an Ingenieurwissenschaften und MINT-Studiengängen schon bald gesteigert werden kann.

Mehr Lohngleichheit setzt aber auch voraus, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter verbessert wird. Unter anderem dadurch, dass mehr Kinderbetreuungsplätze geschaffen werden. Wichtig ist hierbei vor allem, dass sich die Öffnungszeiten stärker an den Bedürfnissen der Eltern orientieren. Jeder zusätzliche Kitaplatz verringert den „gender gap“ mehr als das Entgeltgleichheitsgesetz.