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Neues Leben am Fluss: Saarbrücken muss attraktiver werden

Im Blickpunkt
Von Dr. Heino Klingen

26.04.2019

Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. Dieser Aufforderung von Altbundeskanzler Helmut Schmidt muss man sich nicht unbedingt und in jedem Fall anschließen. Denn es gibt Visionen, die es verdienen, ernst genommen zu werden. Dazu zählt etwa das Projekt „Stadtmitte am Fluss“ – auch wenn es zuletzt wegen politischer Mutlosigkeit bei Vielen nur noch als Zombie durch die Köpfe geistert.

Dass dieses Leuchtturmprojekt nicht mehr ernsthaft weiter verfolgt wird, ist mehr als schade. Denn dass die Landeshauptstadt einer städtebaulichen Aufwertung bedarf, dürfte von niemandem bestritten werden. Ebenso wenig, dass von einer starken und attraktiven Landeshauptstadt das ganze Saarland profitieren würde. Doch in der Politik waren und sind nur wenige bereit, sich den Einwänden gegen das Projekt zu stellen. Es sei zu teuer, hätte eine zu lange Bauphase und brächte keine Verkehrsentlastung. Zu den rühmlichen Ausnahmen zählt die ehemalige Baudezernentin der Landeshauptstadt, Dr. Rena Wandel-Höfer. Sie hatte schon damals mit zahlreichen Gutachten nachgewiesen, was von den „Gegenargumenten“ zu halten ist: nicht viel. Und dennoch hallen all diese Vorwürfe bis heute nach, obwohl inzwischen ganz andere Bedingungen gegeben sind.

Das gilt etwa für die Finanzierung. Im Bund sprudeln dank guter Konjunktur seit Jahren die Steuereinnahmen, im Saarland ist der Landeshaushalt ausgeglichen und selbst in Saarbrücken ist ein solcher Ausgleich in greifbarer Nähe. Vor allem aber fließen ab 2020 über den neuen Länderfinanzausgleich Jahr für Jahr rund 500 Millionen Euro ins Land. All das lässt das Kostenargument in einem ganz anderen Licht erscheinen. An der Finanzierung muss das Projekt deshalb nicht mehr scheitern. Erst recht nicht, wenn die „teure“ Tunnellösung durch eine andere lärmreduzierende und platzschaffende Umhausung der Autobahn ersetzt wird. Hierfür liegen Alternativen vor.

Natürlich ist so ein Bauvorhaben immer auch mit Verkehrsbehinderungen verbunden. Aber wie das Beispiel der gerade erfolgreich sanierten Wilhelm-Heinrich-Brücke zeigt, können auch große Vorhaben minimal invasiv ausgeführt werden. Ein professionelles Baustellenmanagement hätte sicherzustellen, dass diese Erfahrungen genutzt werden und die Innenstadt während der gesamten Bauphase gut erreichbar bleibt, um Kaufkraftabflüsse auf ein Minimum zu reduzieren.

Zu den verbesserten Rahmenbedingungen gehört auch die hohe Repräsentanz saarländischer Politiker in Spitzenpositionen in Berlin. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn es ihnen nicht gelänge, den Bundesverkehrsminister von dem Projekt zu überzeugen und die nötige Ko-Finanzierung durch den Bund sicherzustellen.

Das Gesamtprojekt ist mehr als die Summe seiner Teilprojekte

Der große Vorteil des Projektes liegt in den Chancen, die es für die Entwicklung der Landeshauptstadt bietet. Diese werden sich aber nur realisieren lassen, wenn die Autobahn „verschwindet“ – auf welche Art auch immer. Denn nur so werden die Voraussetzungen für das Zusammenrücken der getrennten und sich von der Saar abwendenden Stadtteile St. Johann und Alt-Saarbrücken geschaffen. Die auf der Autobahn entstehenden Flächen könnten zu Lebensräumen von höchster Aufenthalts- und Erlebnisqualität entwickelt werden. Mit den bereits vorhandenen touristischen Attraktionen Schloss, Staatstheater, Kirchen und Museen ließe sich in Nähe des St. Johanner Marktes ein weiteres Verweilquartier mit hohem touristischen Flair schaffen, das zahlreiche private Folgeinvestitionen in den Bereichen Gastronomie, Einzelhandel und Kultur auslösen dürfte. Davon profitierten dann auch die bereits erfolgreich umgesetzten Teilprojekte wie die Berliner Promenade oder die Eisenbahnstraße. Doch so wichtig diese auch jetzt schon sind: Ihre volle Wirksamkeit entfalten sie erst nach „Verschwinden“ der Stadtautobahn. Mit anderen Worten: Das Gesamtprojekt ist mehr als die Summe seiner Teilprojekte.

Natürlich ist das Ganze eine riesige Herausforderung. Aber sie sollte angenommen werden, um der Stadt Saarbrücken neue Strahlkraft zu verleihen und die Position der Landeshauptstadt im Wettbewerb mit den benachbarten Zentren Metz, Trier, Mannheim und Luxemburg zu verbessern. Es erhöhte außerdem die Wahrscheinlichkeit, die mit dem Aufbau des Helmholtz-Zentrums zu uns kommenden Wissenschaftler an uns binden zu können. Denn alle Erfahrung zeigt, dass ein interessanter Arbeitsplatz allein nicht ausreicht. Gerade so genannte High Potentials wollen mehr –gute Bildungseinrichtungen für ihre Kinder, attraktive Sportstätten in Arbeitsplatznähe, ein Kulturangebot auf der Höhe der Zeit und nicht zuletzt auch ein ansprechendes und zum Verweilen einladendes Wohnumfeld. Vieles davon bietet die Landeshauptstadt bereits oder ist – wie die internationale Schule – inzwischen beschlossene Sache. Allein an der Attraktivität hapert es noch.

Städtebauliche Großprojekte brauchen Zeit – viel Zeit. Deshalb sollte man sich auch nicht entmutigen lassen, wenn es dabei immer wieder mal Rückschläge gibt. Worauf es aber jetzt ankommt, ist, das Projekt neu anzuschieben. Ein solcher Neustart wäre ein gutes Signal für das im nächsten Jahr beginnende Jahrzehnt der Investitionen. Und vor allem: Warum sollte das, was in Düsseldorf mit der Rheinuferpromenade möglich war, bei uns nicht auch verwirklicht werden können? Nur Mut!