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Einen Kompass für unsere Hochschulen

Kolumne
Von IHK-Präsident Dr. Richard Weber

01.03.2011

Studieren war früher das Privileg einer kleinen Bildungselite. Noch vor 50 Jahren begann nicht einmal jeder Zehnte eines Altersjahrgangs eine akademische Ausbildung. Das hat sich gründlich geändert: Vor 15 Jahren nahm etwa jeder Vierte eines Altersjahrgangs ein Hochschulstudium auf, vor zehn Jahren war es schon jeder Dritte. Wahrscheinlich schon im nächsten Jahr wird es fast jeder Zweite sein. Konkret heißt das: Auch wenn nicht alle Studienanfänger ihr Ziel erreichen – für fast die Hälfte unseres Nachwuchses führt der Weg ins Arbeitsleben über eine Hochschule.

Mehr höhere Bildung – das ist zunächst einmal grundsätzlich zu begrüßen. Angesichts des weiter steigenden internationalen Wettbewerbs und des Zusammenwachsens der Weltmärkte und erst recht vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung. Der gewaltige Strukturwandel in unserem Bildungssystem hat aber noch eine andere Konsequenz: Das Studienangebot unserer Hochschulen und die Qualität der Ausbildung dort bestimmen für immer mehr junge Menschen maßgeblich darüber, wie gut ihr Qualifikationsprofil zum aktuellen und künftigen Bedarf am Arbeitsmarkt passt. Sie bestimmen über Beschäftigungschancen und Aufstiegsmöglichkeiten fast der Hälfte der nachkommenden Generationen. Und natürlich über die Versorgung von Wirtschaft und Verwaltung mit Fach- und Führungskräften und damit über Standortqualität und Entwicklungspotenzial von Regionen.

Studium bald „Regelausbildung“?
Ob sich die Verantwortlichen und Entscheidungsträger in Hochschulen und Politik dieser gewaltigen Verantwortung immer bewusst sind? Es hat viele gute Gründe gegeben, den Hochschulen mehr Autonomie einzuräumen und damit die Möglichkeit, selbst darüber zu befinden, wie sie sich intern organisieren – unsere IHK hat sich immer in diesem Sinne eingesetzt. Es gibt aber auch gute Gründe, zur grundsätzlichen Aufgabenstellung und zu den Schwerpunkten in Forschung und Lehre klare politische Vorgaben zu machen:

Schon heute sind Ingenieure und andere Naturwissenschaftler knapp, während es manche Akademiker schwer haben, trotz guter Examina eine angemessene Beschäftigung zu finden. Und es ist fraglich, ob sich – angesichts chronisch knapper öffentlicher Kassen die Arbeitsmarktchancen für Philosophen, Literaturwissenschaftler oder Juristen in Zukunft wesentlich verbessern werden.

An den Saar-Hochschulen studieren derzeit rund 24.000 junge Menschen. Das Saarland gibt viel für seine Hochschulen aus – derzeit weit über 200 Millionen Euro. Schon bald aber wird es weniger Studenten geben, und angesichts der Haushaltslage wird das Land auch von seinen Hochschulen substanzielle Sparbeiträge einfordern (müssen). Da gilt es, klare Vorstellungen zu entwickeln, Prioritäten zu setzen und Vorgaben zu machen, in welchen Bereichen Abstriche gemacht werden können und was auf jeden Fall erhalten bleiben soll.

Die große Mehrzahl der saarländischen Studienanfänger wählt ihre Hochschule im Saarland. Wer dann nach seinem Examen keine angemessene Beschäftigung findet, wandert ab. Umgekehrt gewinnt für viele Studierende, die von außerhalb gekommen sind, während ihres Aufenthalts unser Land an Attraktivität – sie bleiben gerne, wenn ihr Examensfach zum Arbeitsplatzangebot passt. In welche Richtung der „Braindrain“ also geht, hängt wesentlich von der Passung zwischen Studienangebot und Akademikernachfrage ab.

Politik trägt Verantwortung
All diese Gründe zeigen: Wir müssen unseren Hochschulen einen Kompass geben, der in diese Richtung weist: Attraktive, exzellente Studienangebote vor allem in den Fächern, deren Qualifikationen hier dringend gebraucht werden. Und wenn gespart werden muss, dann dort, wo wir heute überwiegend für andere ausbilden. Mit einem langfristigen Hochschulentwicklungsplan, der diesen Leitlinien folgt und der bindende Zielvereinbarungen enthält, können wir nicht nur die Folgen des bevorstehenden Bevölkerungsrückgangs mildern. Wir begrenzen auch negative Auswirkungen künftiger Sparzwänge. Vor allem verbessern wir damit die Beschäftigungschancen der jungen Menschen hierzulande.

Dass die oft kritisierte Länderhoheit in der Bildungspolitik notwendig und richtig ist – hier könnten wir es beweisen. Wenn wir klugen Gebrauch davon machen!