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Den Messestandort zukunftsfähig machen!

Standpunkt
von Volker Giersch

01.02.2011

Wie viele Messen braucht das Land? Gibt es Chancen, mit vertretbarem Aufwand zusätzliche Messen zu etablieren? Welche Investitionen sind erforderlich und wünschenswert, um den Messestandort wettbewerbsfähig zu halten? Ist der Messekooperationsvertrag zwischen Stadt und Messegesellschaft noch zeitgemäß? Und wenn nein: Wie ist er weiterzuentwickeln?

Diese und weitere Fragen sind in den vergangenen Wochen und Monaten vielfach angesprochen und diskutiert worden - auch über die Medien. Schlüssige Antworten gibt es bislang noch nicht – geschweige denn eine gemeinsame tragfähige Konzeption für die nächsten Jahre. Die ist aber dringend erforderlich, um Chancen, soweit es sie gibt, bestmöglich zu nutzen.

Unstrittig ist zunächst, dass die Messen, die auf dem Saarbrücker Messegelände alljährlich stattfinden, mit insgesamt rund 370.000 Besuchern ein durchaus gewichtiger Standortfaktor sind. Sie bieten der Wirtschaft eine Plattform, neue Kundenkontakte zu knüpfen und bestehende zu pflegen. Sie bringen Angebot und Nachfrage zusammen. Sie helfen vielen Branchen – etwa Handel, Handwerk und Dienstleistern – ihre Produkte und Leistungen auch über die Landesgrenzen hinaus abzusetzen. Zudem ziehen sie Aussteller und Besucher von außerhalb ins Land, die hier übernachten und Geld ausgeben. Davon profitieren Hotels, Gastronomie und Einzelhandel.

Positive Impulse für Stadt und Land geben dabei insbesondere jene Messen, die deutlich überregional ausstrahlen. Bei den beiden großen Messen – der internationalen Saarmesse und der Welt der Familie – kommen immerhin gut 600 Aussteller von außerhalb, vor allem aus den Nachbarregionen in Rheinland-Pfalz, Lothringen und Luxemburg. Bei Spezialmessen wie der Intermoto, Tuning-Expo und Freizeit-Reisemarkt ist die Zahl der Aussteller und Besucher zwar um Einiges niedriger, die Messen haben aber einen deutlich größeren Einzugsbereich. Es entstehen also zusätzliche Umsätze in der Region und auch zusätzliche Steuereinnahmen.

Ein Gutachten, das die Saarmesse GmbH in Auftrag gegeben hat, kommt zu dem Ergebnis, dass durch die Messen im Saarland ein Kaufkraftzufluss von rund 18 Millionen Euro ausgelöst wird. Gewiss kann man über die Methodik solcher Berechnungen streiten, nicht aber darüber, dass die Impulse für die regionale Wirtschaft durchaus beachtlich sind. In der Präambel des Messvertrages ist gar von der „herausragenden Bedeutung des Messewesens für die saarländische Wirtschaft“ die Rede.

Messeförderung ist Wirtschaftsförderung

Diesen positiven Impulsen stehen bislang nur bescheidene Kosten der öffentlichen Hand gegenüber. Eigentümer und Finanzier der Hallen und Veranstalter der Messen ist die Saarmesse GmbH – ein Unternehmen der Gesellschafter Grandmontagne, die mithin auch das volle wirtschaftliche Risiko tragen. Die Landeshauptstadt stellt das Messegelände zur Verfügung und erhält im Gegenzug eine Umsatzbeteiligung. Zudem stellt sie – wie im Messevertrag fixiert – Parkplätze zur Verfügung, sichert die Verkehrsanbindung und stellt Feuersicherheitswachen. Das Land ist finanziell außen vor.

An anderen Messestandorten ist die Lage gänzlich anders. Dort bestimmt und finanziert die öffentliche Hand in aller Regel das Messegeschehen – sei es über Besitzgesellschaften, die Gelände und Hallen in aller Regel zu sehr günstigen Konditionen anbieten, sei es über Betriebsgesellschaften, die die Messen veranstalten. Da die Besitzgesellschaften auf marktübliche Renditen für das eingesetzte Kapital verzichten, entsteht für die Veranstalter ausreichender Spielraum, Messen und sonstige Events mit Gewinn oder zumindest kostendeckend durchzuführen. Nimmt man Besitz- und Betriebsgesellschaften zusammen, so sind nur wenige Messestandorte – etwa Frankfurt, Düsseldorf und Nürnberg – profitabel; und das auch nur, weil die Hallen dort weitgehend abgeschrieben sind.

Ansonsten ist das Messegeschehen für die öffentliche Hand ein Zuschussgeschäft – zumindest bei ausschließlich betriebswirtschaftlicher Betrachtung. Gesamtwirtschaftlich gesehen geht die Bilanz aber auf, weil positive regionalwirtschaftliche Effekte das finanzielle Engagement der öffentlichen Hand mehr als ausgleichen. Messeförderung rechnet sich als Wirtschaftsförderung. Vor diesem Hintergrund gebührt der Saarmesse GmbH Dank dafür, dass sie den Messestandort Saarbrücken Jahrzehnte lang mit Leben gefüllt hat, ohne dass die öffentliche Hand nennenswert ins Obligo gehen musste.

Messelandschaft im Wandel

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Messelandschaft in Deutschland verändert. Das Angebot an attraktiven Messestandorten ist gewachsen. Die Nachfrage nach Messeflächen stagniert dagegen eher. Die Konsequenz: Der Wettbewerbsdruck hat zugenommen. Die Messegesellschaften müssen mehr in Akquise, Marketing und Qualität der Standorte investieren. Große Mehrbranchen-Messen erfüllen zwar nach wie vor ihre regionale Wirtschaftsfunktion, unterliegen jedoch strukturellen Veränderungen und Schwankungen bei der Aussteller- und Besucherakzeptanz. Sie leiden unter Aussteller- und Besucherschwund. Insgesamt gibt es einen starken Trend hin zu spezialisierten Fachmessen mit begleitenden Informationsveranstaltungen und zu Kongressen mit begleitender Ausstellung.

Auch hier im Land ist der Wandel spürbar. Die traditionellen Messen – die internationale Saarmesse und die Welt der Familie – werfen finanziell weniger ab als früher. Der Messe GmbH fehlen deshalb die Mittel für Investitionen in die Hallen, zum Bau eines Tagungszentrums oder für externe Expertise zur Entwicklung neuer Messekonzepte.

Nicht mehr finanzierbar ist wohl auch die vertraglich vorgesehene umsatzabhängige Pachtzahlung. Die Stadt hat sie dem Unternehmen zunächst gestundet. Was die Höhe der Förderung betrifft, gibt es zwischen Messegesellschaft und Stadt unterschiedliche Rechtsauffassungen. Gleiches gilt für die Pflichten der Stadt. Für die Zusammenarbeit beider Partner ist das nicht gerade zuträglich.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig und nötig, den Messevertrag der veränderten Situation anzupassen und die Rechte und Pflichten beider Vertragspartner eindeutig und fair zu regeln. Entsprechende Vertragsverhandlungen laufen seit geraumer Zeit; dies zwar hinter geschlossenen Türen, leider aber mit lauter und teils schriller öffentlicher Begleitmusik. Letzteres verunsichert die Aussteller und erschwert so die Vorbereitung der anstehenden Messen.

Klar ist: Eine dauerhaft tragfähige Messekonzeption zu entwickeln braucht Zeit. Denn das Thema ist komplex. Zu klären ist unter anderem,
welche Ansatzpunkte bestehen, die aktuell angebotenen Messen künftig (noch) attraktiver zu gestalten;
ob es realistische Chancen gibt, neue Messen/Kongressmessen erfolgreich zu etablieren und wenn ja, auf welchen Themenfeldern und in welchen Nischen; angedacht ist derzeit etwa eine neue Fachmesse zum Thema „Rettungswesen, Brand- und Katastrophenschutz“;
welche Investitionen in den Messestandort und sein Umfeld erforderlich sind, diese Chancen zu nutzen;
ob sich die nötigen Investitionen regionalwirtschaftlich rechnen und wie sie sich finanzieren lassen;
ob, inwieweit und in welcher Form die öffentliche Hand – sprich Stadt und Land – künftig bereit ist, sich finanziell für den Messestandort zu engagieren und last but not least
welche organisatorische und vertragliche Lösung am besten geeignet ist, die gemeinsam gestellten Ziele zu erreichen.

Letzteres schließt dann auch die Frage ein, ob es Sinn macht, dem Beispiel anderer Messestandorte zu folgen und die Messegesellschaft aufzuspalten in eine öffentliche Besitzgesellschaft und in eine oder mehrere private Betriebsgesellschaften. Überlegungen, die in diese Richtung gehen, setzen die Bereitschaft von Stadt und Land voraus, in den Messestandort zu investieren. Angesichts der äußerst angespannten Finanzlage in den öffentlichen Haushalten ist es verständlich, dass die Neigung dazu eher begrenzt ist. In jedem Fall gehören vor einer Entscheidung überzeugende Fakten und verlässliche Einschätzungen auf den Tisch. Stadt und Land können und dürfen sich künftig nur noch solche Investitionen leisten, die eine gute regionalwirtschaftliche Rendite abwerfen.

Schlüssiges Gesamtkonzept entwickeln

Um die nötige Zeit zur Klärung dieser Fragen zu gewinnen, ist es jetzt vordringlich, einen modus vivendi – eine vertragliche Übergangslösung – zu finden, die es der Messe GmbH ermöglicht, die Bestandsmessen bis auf weiteres fortzuführen. Hilfreich wäre es zudem, möglichst rasch einen Konsens über die strittigen Forderungen aus der Vergangenheit zu finden. Ein langwieriger Rechtsstreit wäre in vielerlei Hinsicht schädlich.

Bleibt die Aufgaben, eine tragfähige Grundlage für die Entwicklung eines Zukunftskonzepts zu erstellen. Diese Aufgabe sollte schnellstmöglich in Angriff genommen werden. An ihr sollten sich neben Messegesellschaft und Landeshauptstadt auch das Land und die Wirtschaftskammern beteiligen. So ist es auch angedacht. Unsere IHK und die Handwerkskammer haben ihre Unterstützung bereits zugesagt. Nötig ist es zudem, externe Expertise heranzuziehen. Stadt und Wirtschaftsministerium sind wohl bereit, die dazu erforderlichen Mittel bereit zu stellen.

Die Sondierung sollte in jedem Fall ergebnisoffen erfolgen. Die Spanne der denkbaren Optionen reicht dabei von einer modifizierten Status-quo-Lösung (ohne nennenswertes Engagement von Stadt und Land), die letztlich auf eine schleichende Abwertung des Messestandortes und auf ein reduziertes Messeangebot hinauslaufen würde, bis hin zu einem deutlich stärkeren Engagement der öffentlichen Hand. Letzteres mit dem Ziel, den Messestandort Saarland konkurrenzfähig zu den benachbarten Standorten Luxemburg, Metz und Karlsruhe zu halten und das Messe- und Veranstaltungsangebot deutlich auszuweiten. Bestandteil einer solchen offensiven Strategie könnte auch der Bau der geplanten Eventhalle auf oder nahe dem Messegelände sein. Solche Verbundlösungen, die dem Trend hin zu Kongressmessen gerecht werden, findet man inzwischen an vielen anderen Messestandorten. Doch um den Bau der Eventhalle ist es zuletzt still geworden. Neben der Standortfrage – hier hätte u. a. die bereits vorhandene Erschließung für das Messegelände gesprochen - ist inzwischen wohl auch die Finanzierungsfrage wieder offen.

Wie auch immer die künftige Messestrategie am Ende aussehen mag: Es ist höchste Zeit, eine Entscheidung darüber sorgsam vorzubereiten und die Weichen dann mit dem nötigen Konsens in Richtung Zukunft zu stellen.