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Aufstiegsfortbildung: Ein Karriereweg mit Zukunft

Im Blickpunkt
Von Dr. Heino Klingen

10.03.2016

Wer in Deutschland beruflich erfolgreich sein und Karriere machen will, braucht nicht notwendigerweise ein Hochschulstudium. Eine aktuelle Studie zeigt, dass Absolventen einer dualen Berufsausbildung mit anschließender Aufstiegsfortbildung ebenfalls gute Berufschancen haben.

Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg – individuell und für die Gesellschaft insgesamt. Die meisten wissen das und verhalten sich entsprechend. Sie nutzen die Chancen, die ihnen unser Bildungssystem bietet.

Es gibt aber auch immer noch eine große Schar junger Menschen, die den Bildungsimperativ ignorieren und keinen Schulabschluss erwerben, keinen Beruf erlernen oder keinen Studienabschluss erlangen, weil sie ihr Studium vorher abbrechen. All das werden wir uns künftig immer weniger leisten können. Denn demografiebedingt wird die Zahl der Schulabgänger im Saarland in den nächsten zehn Jahren um fast 30 Prozent sinken, nachdem sie bereits in den vergangenen zehn Jahren um 14 Prozent zurückgegangen ist. Für die Unternehmen wird es deshalb noch schwieriger werden, geeignete Nachwuchskräfte zu finden. Umso wichtiger ist es, dass wir keinen Jugendlichen verlieren und alle Talentpotenziale heben. Jede und Jeder werden gebraucht. Auch um die großen Zukunftsaufgaben wie die gesellschaftliche Integration der Zuwanderer oder die Energiewende erfolgreich zu meistern.

Was die Verringerung der Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss angeht, sind wir auf einem guten Weg. Während die Quote der Schulabgänger ohne Abschluss bundesweit 2009 noch bei 6,9 Prozent lag, ist sie inzwischen auf 5,6 Prozent gefallen. Bei uns im Saarland liegt sie mit 5,4 Prozent sogar leicht unter dem Bundesschnitt.

Doch so erfreulich diese Entwicklung auch ist, sie sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass immer noch jeder zwanzigste Jugendliche eines Jahrganges keinen Schulabschluss vorweisen kann. Damit dürfen wir uns nicht abfinden. Es sind deshalb weitere Anstrengungen erforderlich, um noch mehr jungen Menschen die Chance auf eine Karriere mit Lehre zu eröffnen.

In diesem Zusammenhang ist auch zu fragen, ob es volkswirtschaftlich sinnvoll ist, dass inzwischen gut jeder zweite Jugendliche in unserem Land ein Studium beginnt. Zumal fast jeder Dritte davon nicht einmal bis zum Bachelor-Abschluss durchhält und sein Studium vorher aufgrund von schlechten Leistungen oder falschen Erwartungen abbricht. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Jede soll machen, was sie will. Jeder soll selbstbestimmt seinen eigenen Weg in die berufliche Zukunft einschlagen und seinen Ausbildungsweg entsprechend seinen Talenten und Neigungen frei wählen. Aber: Die hohe Abbrecherquote an den Hochschulen lässt vermuten, dass diese Wahl nicht immer richtig bedacht wurde. Statusdünkel im Elternhaus, das nach wie vor hohe Renommee von Akademikern im gesellschaftlichen Leben und falsche Vorstellungen über deren Einkommen spielen hier ebenso eine Rolle wie das mediale Dauerfeuer der OECD über zu wenig Akademiker in Deutschland. Doch all diese Punkte sind kaum belastbar. Denn zwischen akademischen und nicht-akademischen Karrierewegen hat mittlerweile eine weitgehende Angleichung stattgefunden.

Hohes Gehalt für Meister und Fachwirte

Das hat erst jüngst wieder eine vom DIHK beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Auftrag gegebene Studie gezeigt. Danach agieren Absolventen einer beruflichen Aufstiegsfortbildung – also diejenigen, die nach ihrer Berufsausbildung eine Weiterbildung zum Meister oder Fachwirt angeschlossen haben – in ihren Betrieben vielfach auf Augenhöhe mit ihren akademischen Kollegen.

Das gilt etwa für die Verdienstmöglichkeiten. In mehr als der Hälfte der Unternehmen erzielen Fortbildungsabsolventen ein gleich hohes Gehalt wie Akademiker. In jedem fünften Betrieb verdienen sie sogar mehr. Es ist also eine Mär, dass Universitäts- und Fachhochschulabsolventen automatisch ein höheres Einkommen als Meister, Techniker oder Fachwirte haben.

Bemerkenswert ist auch, dass Fortbildungsabsolventen gleich gute Aufstiegsmöglichkeiten wie Akademiker haben und ihr Risiko, arbeitslos zu werden, sogar kleiner ist als das der Akademiker. Das war zur Jahrtausendwende noch anders. Damals lag die Arbeitslosenquote von Fortbildungsabsolventen mit 6,3 Prozent um 1,3 Prozentpunkte über jener der Akademiker. Heute bewegt sie sich mit zwei Prozent unter der der Hochschulabsolventen (2,6 Prozent). Das unterstreicht den zunehmenden Bedarf an gut qualifizierten Fachkräften – eine Entwicklung, die im Zuge des demografischen Wandels in den kommenden Jahren noch zunehmen wird.

Klare Vorteile haben beruflich Qualifizierte bei der Personalverantwortung. 80 Prozent der Fortbildungsabsolventen sind gegenüber Mitarbeitern weisungsbefugt. Von den Akademikern sind es nur 69 Prozent. Ein Grund dafür dürfte sein, dass Fortbildungsabsolventen im Rahmen ihrer Aufstiegsfortbildung gezielt auf Führungsaufgaben vorbereitet werden.

Die höhere Berufsbildung attraktiver machen

Die Ergebnisse der Studie sind ein klares Signal an die Jugendlichen und ihre Eltern, bei der Wahl des Berufes mehrere Karrierewege in Betracht zu ziehen und nicht vorschnell alles auf die Karte Studium zu setzen. Die Studie richtet sich aber auch an Noch-Studierende, die sich in ihrem Studium unwohl fühlen. Auch ihnen sei empfohlen, die bestehenden Alternativen zu prüfen. Dass dies bisher noch nicht im großen Umfang geschieht, liegt wohl auch daran, dass die bestehenden Fortbildungsmöglichkeiten nur den Wenigsten bekannt sein dürften. Auf unserem IHK-Weiterbildungstag Anfang März haben wir deshalb noch einmal ausführlich über den Karriereweg Aufstiegsfortbildung informiert.

Doch das allein reicht nicht, um die berufliche Aufstiegsfortbildung aus dem Schatten der Verborgenheit zu holen und ihr einen höheren Stellenwert in der gesellschaftlichen Wertschätzung zu verschaffen. Die IHK-Organisation setzt sich deshalb dafür ein, international verständliche Abschlussbezeichnungen wie den „Bachelor Professional“ einzuführen – etwa den „Bachelor Professional of Accounting“ für den geprüften Bilanzbuchhalter. Das würde die faktische Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung, wie sie in der oben zitierten Studie noch einmal bestätigt wird, auch sprachlich zum Ausdruck bringen. Es wäre gerade in der aktuellen Situation ein wichtiges Integrationszeichen für Europa und im Übrigen nur ein Gleichziehen der beruflichen Abschlüsse mit den seit Bologna geltenden allgemeinen Bachelor-Abschlüssen.

Im vergangenen Jahr nahmen bundesweit rund 48.000 Menschen an einer IHK-Aufstiegsfortbildung teil. Im Saarland waren es über 550 Personen. Um noch mehr Interessenten für diese Höherqualifizierung im System der beruflichen Bildung gewinnen zu können, ist es zu begrüßen, dass das „Meister-BaföG“ attraktiver gestaltet wird. Eine große Hilfe wäre zudem, wenn der Beitrag zum Lebensunterhalt demnächst zur Hälfte als Zuschuss gewährt würde. Geprüft werden sollte überdies, ob im Zuge der AFBG-Novellierung nicht noch weitere Anreize gesetzt werden können, die sich positiv auf die Bildungsmotivation auswirken.

Seit „PISA“ werden bei uns lebhafte Diskussionen über die Bildungspolitik geführt. Dadurch hat sich manches zum Besseren gewandelt, wie das jüngste Abschneiden Deutschlands im PISA-Test belegt. Doch in all diesen Debatten findet die berufliche Aufstiegsfortbildung kaum oder gar nicht statt. Sie fristet ein Dasein im Verborgenen, entsprechend gering ist ihre öffentliche Wertschätzung. Deshalb wird unsere IHK sich künftig noch stärker als bisher für diesen Karriereweg engagieren.